Die Atmung ist der lebenswichtige Prozess, der den menschlichen Körper mit Sauerstoff versorgt und Kohlendioxid abtransportiert. Sie besteht aus zwei Phasen: der Einatmung und der Ausatmung.
Bei der Einatmung wird Luft durch die Nase oder den Mund in die Lungen eingesaugt. Die Luft enthält Sauerstoff, der in die Blutbahn gelangt und den Zellen zur Verfügung gestellt wird. Bei der Ausatmung wird Kohlendioxid, ein Abfallprodukt der Zellatmung, aus den Lungen abgegeben.
Jeder kann durch die Nutzung seiner Atmung direkt Einfluss auf seinen eigenen Parasympathikus nehmen, also den Teil des vegetativen Nervensystems, der uns in einen entspannten und regenerativen Zustand versetzt. Man nennt den Parasympathikus auch den „Inneren Heiler”.
Dies ist schon lange bekannt und stellt zum Beispiel die medizinische Grundlage der weltweit und in allen Kulturen verbreiteten Meditationstechniken dar.
Ich selbst hatte meine ersten Erfahrungen mit meditativen Atemtechniken 1995 im Rahmen eines Aufenthalts in einem kontemplativen Schweigekloster der Trappisten in Mittelamerika. Das hat mich sehr nachhaltig beeindruckt und ich habe mich seitdem kontinuierlich mit meditativen Atemtechniken auseinandergesetzt und fortgebildet und nutze diese auch selbst regelmäßig.
In der Sprechstunde kommen wir im ärztlichen Gespräch auch häufiger auf die gesundheitsfördernde und regenerative Kraft einer Aktivierung des Parasympathikus zu sprechen.
Es beeindruckt mich, dass sich in praktisch allen Religionen und Kulturen meditative Atemtechniken etabliert haben. Vom buddhistischen Samadhi (geistige Stille) und Vipassana (Einsicht und Erkenntnis) bis zum schamanischen Weg.
Von den Dhyana-Techniken des indischen Yoga bis zum hebräischen Nachsinnen (הָגָה hāgāh) der Psalmen des alten Testaments (z.B. Psalm 63,7).
Von den Meditationsübungen der großen christlichen Lehrer und Mystiker (Augustinus, Benedikt, Franziskus, Meister Eckhart, usw.) bis hin zum meditativ-monotonem Gemurmel des Rosenkranzgebets: überall spielt die kontrollierte langsame Atmung und die Versenkung in der inneren Mitte eine ganz herausragende Rolle.